Fahrrad-Yoga: Vier Tage auf dem Radweg Berlin-Usedom (3/4)
Innehalten: Von Warnitz zum Gut Schmarsow (50 Kilometer)
Ab Warnitz geht es durch verschlafene Ferienorte entlang des Urstromtals der Uecker, vorbei an Stoppelfeldern zum Unteruckersee. Kurz hinter Zollchow schiebt sich die imposante Backstein-Silhouette des ehemaligen Dominikanerklosters von Prenzlau in den Blick.
Aus der Entfernung deutet nichts darauf hin, dass täglich Hunderte Gartenfreunde in die Parkanlage unterhalb des Klosters pilgern, um sich in die „grüne Wonne“ zu stürzen, denn noch bis zum 6. Oktober gastiert die Landesgartenschau in der Stadt.
Auch wenn wir Blumen eigentlich lieber in freier Natur bestaunen, entschließen wir uns zu einem Rundgang durch die kunstvoll arrangierten Parkanlagen, in denen neben Exotischem auch viele heimische Pflanzen ihre Pracht entfalten dürfen.
Krönender Abschluss unserer Prenzlau-Stippvisite ist der Aufstieg in die Türme der Marienkirche. Vom Südturm aus hat man einen unvergleichlichen Weitblick über die schnörkellose, mit Seen und Windmühlen gespickte Landschaft der Uckermark.
Nördlich von Prenzlau, inmitten von Wiesen und Feldern, liegt das Gut Schmarsow. Wer sich am Schornstein der alten Brennerei orientiert, kann es nicht verfehlen. Gleich hinter dem Dorfeingang rumpeln wir über eine kopfsteingepflasterte Einfahrt auf das Anwesen, das zwar von vielen Jahren des Leerstands gezeichnet ist, aber trotzdem herrschaftliche Würde ausstrahlt. Wo früher das Gutshaus aus preußischer Zeit gestanden haben muss, klafft heute eine Leerstelle, denn das heruntergekommene Gebäude fiel noch kurz vor der Wiedervereinigung der Abrissbirne zum Opfer.
Der Grundstein für das weitläufige Rittergut wurde schon im 16. Jahrhundert gelegt. Wechselnde Gutsherren bauten an und um, im Zuge der Bodenreform wurde das Gut zur LPG, nach der Wende stand er leer. Vor ein paar Jahren erweckte ein fränkisches Paar erste Wirtschaftsgebäude des Hofs zu neuem Leben, seither kommen Radler in sechs gemütlichen Zimmern, auf dem Heuboden oder mit ihrem Zelt im Garten unter.
Gegessen wird unter freiem Himmel vor dem ehemaligen Fohlenstall. Unter den ausladenden weißen Sonnenschirmen, bei Pellkartoffeln und Quark, kommt eine kaum zu stillende Landlust auf. Verlockend scheint das einfache Leben ohne Leuchtreklame, Menschenmassen und Durchgangsverkehr. Auf der Koppel tollen die Trakehner, hinter dem Gartenhaus picken sich Truthähne eine Weihnachtsbratenbrust an, nur der Hofhund, ein verspielter Irish Setter, will nicht recht ins uckermärkische Bullerbü passen.
Wir sitzen noch lange neben der ehrwürdigen Linde in der Abendsonne und lassen die Stunden tatenlos verstreichen, bevor wir uns in unser Zelt zurückziehen. Nur das dumpfe Brummen der nahe gelegenen Windparks erinnert uns daran, dass auch in Schmarsow die Zeit nie stehengeblieben ist.
Dies ist der dritte Teil der Artikelserie “Fahrrad-Yoga: Vier Tage auf dem Radweg Berlin-Usedom”. Hier geht es zur
Tagesetappe vom Warnitz am Oberuckersee bis zum Gut Schmarsow als Route mit Wegpunkten auf Google Maps.