Meine Kamera und ich – wir waren nicht immer Freunde…
Typisch. Du willst eine neue Hose kaufen und kommst mit drei T-Shirts zurück. Weil die gerade so superbillig waren. Mit diesem Trick schmuggelte sich auch die Nikon D60 in meinem Besitz – klassischer Fall von Fehlkauf im Schnäppchenfieber.
Es fing damit an, dass mein Karstadt um die Ecke irgendwann Mitte der Zeitausender seine Fotoabteilung ausmusterte. Da schwante mir, dass die Zeit der analogen Fotografie zu Ende ging. Doch eine digitale Spiegelreflexkamera war für mich damals so erschwinglich wie ein Grundstück auf Long Island. Also schnorrte ich mich eine Weile durch die Kompaktkameras meiner Freunde.
Offenbar litt ich unter akuten Entzugserscheinungen, als mir vor vier Jahren die Nikon D60 aus dem Sonderpreiskörbchen eines Elektronikmarktes zuzwinkerte, obwohl ich eigentlich auf der Suche nach einem Drucker war. Überraschend leicht und kompakt wollte ich die Kleine einfach nicht mehr aus der Hand legen.
Zu wenige Funktionen? Wer will sich schon ewig durchs Menü klicken! Das Display zu klein? Ein größeres frisst eh zu viel Strom! Vor allem aber schienen mir 350 Euro für eine 10-Megapixel-Digitalkamera samt Zoom ein unschlagbarer Kracherpreis. Die Warnung des Verkäufers, das Objektiv sei nicht ganz so lichtstark, ging im Kaufrausch unter.
Mit glänzenden Augen schaffte ich meine Beute nach Hause. Leider ließ die Enttäuschung nicht lange auf sich warten. Schon nach den ersten Testaufnahmen stellte sich heraus, dass meine Miss D60 im Original-Kit praktisch nicht zu gebrauchen war.
Mutete ich ihr etwas anderen als strahlenden Sonnenschein zu, rächte sie sich mit akuter Sehschwäche. Die Masse der Aufnahmen glänzte durch maximale Bewegungsunschärfe – weil entweder ich die Kamera verrissen oder meinem Bildmotiv die Geduld gefehlt hatte, stundenlang reglos vor der Linse auszuharren. Erschwerend kam hinzu, dass der integrierte Klappblitz in seinem früheren Leben ein Laserpointer gewesen sein muss. Miss D60 verschwand im Schrank.
Ein halbes Jahr später ergatterte ich in einem New Yorker Foto-Kaufhaus für sagenhaft günstige 280 Euro ein Sigma 18-50 EX DC Macro Standardzoom* mit einer durchgehenden Lichtstärke von 1:2,8. Mein altes Objektiv nahm man für 15 Dollar in Zahlung – ein Akt der Barmherzigkeit.
Seit diesem „Pimp my Camera“-Coup sind meine Miss D60 und ich unzertrennlich. Ohne sie gehe ich selten aus dem Haus. Nur geschlossene Räume mag sie noch immer nicht. Ihr ahnt schon, der Blitz. Wie gut, dass wir beide am liebsten draußen sind.
Und die Moral von der Geschichte? Auch billige T-Shirts haben das Zeug zu echten Lieblingsstücken!