Welterbe Grumsin: Was schützt, was nützt?

Am 25. Juni 2011 sollen in Altkünkendorf die Glocken geläutet haben. Das war der Tag, an dem der Grumsin mit dem UNESCO-Welterbe-Status ausgezeichnet wurde – zusammen mit vier weiteren Buchenwäldern in Deutschland. Die Euphorie war groß. Das ist 13 Jahre her und vieles hat sich seitdem verändert – vor allem die Stimmung bei den Bewohnern der umliegenden Dörfer.

Wenigstens einige von ihnen sind ziemlich sauer, das ist nicht zu übersehen. Gleich am Ortseingang prangt ein scheunentorgroßes Schild mit der Aufschrift „10 Jahre Trauerspiel sind genug“, darunter eine Webadresse. Auch im Wald findet man ähnliche Transparente. Wer die Seite wirsindgrumsin.de besucht, erfährt viel über den Frust privater Waldbesitzer, aber auch von engagierten Dörflern, die sich über die Zustände im Grumsin beklagen.

Fluch und Segen des Naturtourismus

Nicht alles klingt überzeugend, aber im Großen und Ganzen kann ich den Ärger verstehen: Autos, die private Einfahrten und Waldwege zuparken, Plastikmüll, illegale Feuerstellen und wildes Zelten mitten im Naturschutzgebiet machen den Grumsinern zu schaffen. Der Kirchturm von Altkünkendorf, vor einigen Jahren gegen den Willen von Anwohnern zum kostenpflichtigen Aussichtsturm ausgebaut, ist ein weiterer Stein des Anstoßes.

Geradezu absurd scheint, dass die empfindliche, für Besucher streng gesperrte Kernzone mit dem UNESCO-Status offenbar einen wahren Publikumsansturm erlebt: Nicht nur geführte Wanderungen, sondern auch Forstwirte und Wissenschaftler aus aller Welt stapfen jetzt regelmäßig durch das Schutzgebiet – viel Ruhe bleibt der Natur nicht.

Dazu kommt, dass die letzten Dürresommer der Rotbuche zugesetzt haben. Der bisher als robust gegenüber dem Klimawandel geltende Baum hat auf einmal mit dem Borkenkäfer zu kämpfen. Dafür können allerdings die Touristen nichts.

Der WelterbeBus: Ohne Auto in den Grumsin

Aber wo Schatten ist, gibt es auch Licht. Nicht alles hat sich zum Schlechteren entwickelt. So verkehrt zum Beispiel seit 2021 der WelterbeBus einmal pro Stunde von Angermünde zum Grumsin ‒ passgenau abgestimmt auf den Regionalzug aus Berlin. Ohne Umwege bringt er Touristen in 20 Minuten nach Altkünkendorf. Kein Vergleich zur früher eher beschwerlichen Anreise mit dem Linienbus.

Wir haben den Grumsin zum ersten Mal 2015 besucht. Schon damals hat uns der alte Wald bezaubert mit seinen hochgewachsenen Buchen, manche weit über 100 Jahre alt. Diesmal haben wir uns das „Gelbe Buchenblatt“ vorgenommen, einen der vier Wanderwege durch den Forst. Er führt zwar nicht durch die Kernzone, dem Walderlebnis tut das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil, denn weil der Forst in der Pufferzone nachhaltig bewirtschaftet wird, fällt mehr Licht durch das Blätterdach und junge Buchentriebe am Boden können besser gedeihen. Dadurch wirkt der Wald noch üppiger.  

Das herbstliche Blätterdach funkelt wie ein Bernsteinschloss in der Sonne. Und obwohl uns ein paar Spaziergänger begegnen, ersetzt die Ruhe hier jeden Achtsamkeitskurs. Nur hin und wieder trompeten Kraniche am Himmel, ein Eichhörnchen raschelt durch das Laub und irgendwo bellt heiser ein Hund.

Apropos Hund, mit seinen gut zehn Kilometern ist dieser Rundweg wie gemacht für eine

Hunderunde

“Hätte ich dem Führungsduo gleich sagen können, dass das hier seine Zeit braucht. Darf im Grumsin ja nicht frei traben, Naturschutzgebiet und so. Da müssen meine Zweibeiner eben warten, bis meine Nase die komischen Felltiere erschnüffelt hat, die sich irgendwo hinter den Büschen rumtreiben müssen. Warum der Rest des Rudels die ganze Zeit in die Baumkronen starrt, verstehe ich zwar nicht, aber wenigstens schauen sie mir nicht unentwegt auf die Pfoten. Für ein heimliches Moorbad hat’s leider trotzdem nicht gereicht – schade. Nach drei Stunden Hundetrail bin ich jetzt ganz schön platt.” 

Eure Charlie

Hin und weg: Mit dem RE 3 Richtung Schwedt/Oder bis Angermünde, weiter mit dem WelterbeBus (Linie 497, April bis Oktober) nach Altkünkendorf (ca. 1:15 min)

Strecke: Hügeliger Rundkurs von Alkünkendorf Richtung Groß-Ziethen durch prächtigen Buchenwald, vorbei an Senken, Rinnsalen und Mooren, teils über die historische Kopfsteinpflasterstraße durch den Grumsin (ca. 10 Kilometer). Achtung, diese Wanderung verläuft nicht direkt durch durch die Kernzone. Wer den Wildnispfad wandern will, biegt auf das Orange Buchenblatt ab. Die Wanderung habe ich hier beschrieben.

Tour auf Google Maps

Bonustipp: Ein schöner Picknickplatz befindet sich zum Beispiel an der Wegkreuzung in der Nähe des Großen Schwarzsees mitten im Wald an einem großen Feldsteinhaufen mit Gravuren.

Ein Appell: Liebe Leute, bitte denkt daran, dass der Grumsin unter strengem Schutz steht: Baden, Zelten, Pilze sammeln, Pflanzen abrupfen, durch das Unterholz stromern, die Kernzone betreten, Hunde frei laufen lassen, Müll liegenlassen – alles uncool! Und wer von euch das nicht sowieso schon macht, probiert’s doch einfach mal mit einer Anreise per Bus und Bahn – läuft!

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