Fahrrad-Yoga: Vier Tage auf dem Radweg Berlin-Usedom (2/4)

Weitblicken: Von Wildau zum Oberuckersee (58 Kilometer)

Am nahe gelegenen Grimnitzsee wird Landleben neu definiert: Im Speicher des alten Wasserturms hat sich ein britisches Künstlerpaar ein Designerdomizil in luftiger Höhe eingerichtet, 360-Grad-Panorama inklusive. Und weil der Turm mitten im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin liegt, tauften sie das öffentlich geförderte Projekt kurzerhand Biorama. Gegen Eintritt dürfen Besucher den engagierten Eigentümern aufs Dach steigen, um von der Plattform über dem Wohnzimmer die Aussicht über die sanften, waldbedeckten Hügel zu genießen. Treppenfaule oder Höhenkranke können, wenn nicht gerade wie heute der Blitz in die futuristische Stahlkonstruktion eingeschlagen hat, auch den Aufzug benutzen.

Biorama-Projekt
Rundumblick über die waldbedeckten Hügel der Schorfheide. Foto: Kleine Fluchten Berlin

Im KaffeeKonsum Wolletz geht es weit bodenständiger zu. Der schlichte, elfenbeinfarbene Flachbau, in dem bis in die 1990er Jahre tatsächlich „Waren des täglichen Bedarfs“ verkauft wurden, ist eine willkommene Rastgelegenheit für Radler und unverkennbar Dorfmittelpunkt dazu. Ausgesprochene Kaffee-Gourmets kommen hier vielleicht weniger auf ihre Kosten, aber dafür gibt es leckeren selbst gebackenen Kuchen und wechselnde Tagesgerichte mit regionalen Zutaten aus der Uckermark. Wer genug vom Strampeln hat, kann eine Wanderrunde um den Wolletzsee einlegen.

Fischteich an der Blumberger Mühle
Mit etwas Glück sieht man hier Fisch- und Seeadler kreisen. Foto: Kleine Fluchten Berlin

Am Nabu-Erlebniszentrum Blumberger Mühle blühen die Teichrosen um die Wette und bilden einen gelb getupften Teppich auf den Fischteichen. Karpfenzucht und Naturschutz, das geht in dieser Anlage gut zusammen. Die Fische landen nicht nur auf dem Teller des angeschlossenen Restaurants, sondern auch in den Fängen von Fisch- und Seeadlern, die über der offenen Landschaft ungestört kreisen. Außerdem leben in den 21 Teichen Biber, Otter und Sumpfschildkröten, an den Ufern sammeln sich Kormorane und Wildgänse.

Von der Badestelle am Großen Peetzigsee, die zu einem weiteren Zwischenstopp einlädt, sind es noch gut 15 Kilometer bis zu unserem Etappenziel in Warnitz, ein Katzensprung, würden sich nicht am Horizont hinter den Sonnenblumenfeldern bleigraue Wolken am Horizont auftürmen. Ein Kutscher rät uns im Vorbeifahren, doch besser gleich das Zelt aufzuschlagen. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir den Fahrradrastplatz in Steinhöfel, bevor der Gewitterregen losplatzt. Die Wirtin versorgt uns rührend mit Apfelschorle, Keksen und guten Ratschlägen für den nächsten Wegabschnitt. Diese freundliche Fürsorge gegenüber Radfahrern ist auch ein Grund dafür, warum das Reisen in dieser Region so angenehm ist.

Kutsche
Jetzt aber schnell… von Westen rollt eine finstere Gewitterfront heran. Foto: Kleine Fluchten Berlin

Gestärkt meistern wir die holprige Matschpiste durch den verwilderten Melzower Forst – einen der wenigen unbefestigten Abschnitte auf dem Radweg Berlin-Usedom – einigermaßen unfallfrei, bis schließlich der Oberuckersee in der Abendsonne durch die Bäume glitzert.

Der terrassenförmig angelegte, seelenruhige Naturcampingplatz am Ostufer scheint, zumindest an Wochenenden, besonders bei Berlinern beliebt. Wohl auch, weil er aus der Hauptstadt mit der Regionalbahn in nicht einmal anderthalb Stunden zu erreichen ist. Unverbaute Seelage, Bootsverleih, schattige Zeltplätze und picobello saubere Sanitärräume verwandeln selbst komfortverwöhnte Großstädter in Campingenthusiasten.

Oberuckersee bei Sonnenuntergang
Zur Abwechslung mal ins Kanu – Sonnenuntergang über dem Oberuckersee. Foto: Kleine Fluchten Berlin

Dies ist der zweite Teil der Artikelserie “Fahrrad-Yoga: Vier Tage auf dem Radweg Berlin-Usedom”. Hier geht es zur 

1. Etappe
3. Etappe
4. Etappe

Tagesetappe vom Werbellinsee zum Oberuckersee als Route mit Wegpunkten auf Google Maps.

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