Templiner Stadtsee – der perfekte Winterausflug
Wenn die Tage kurz und die Temperaturen zickig werden, ist eine Runde um den See das ultimative Heilmittel gegen den Winterblues. Nie ist der Stresspegel an Brandenburger Badeseen so niedrig wie in der kalten Jahreszeit. Wo im Sommer Bootsmotoren röhren, trompeten jetzt nur Kraniche, Blesshühner und Gänse. Und bis auf ein paar Wim-Hof-Jünger ziehen die meisten Badegäste lieber in der beheizten Schwimmhalle ihre Bahnen. Kein Rudelwandern und keine Rentnerpärchen auf bolidigen E-Bikes, die wild klingelnd über schmale Uferwege brettern.
Eine meiner Lieblingsrunden führt um den Templiner Stadtsee. Sie beginnt nicht weit vom Bahnhof Templin (Stadt) entfernt gleich am Stadthafen. Über die Pionierbrücke, eine überdachte hölzerne Fußgängerbrücke über den Schleusenkanal, gelangt man zum nördlichen Ufer des Templiner Sees.
Weinselige Vergangenheit
An der ersten Kreuzung biegen wir rechts in die Weinbergstraße ab. Der Name ist kein Zufall, die Straße mündet auf einer kleinen, bewaldeten Halbinsel namens Weinberg und erinnert daran, dass in der Uckermark früher tatsächlich einmal Trauben angebaut wurde. „Kolonisten“ aus dem Rheinland, die Migranten des Mittelalters, brachten die Rebstöcke ab den 12. Jahrhundert mit in den Norden und legten vielerorts Weinberge an, meist im Auftrag von Klöstern. Aus klimatischen Gründen war der Weinanbau in der Mark Brandenburg allerdings schon damals wenig lukrativ. Und als der Handel mit hochwertigen Spirituosen im späten Mittelalter zu florieren begann, wichen die meisten Rebstöcke Streuobstwiesen.
Wäre es nicht so früh am Morgen, würden wir gleich einen Abstecher in das Café Weinberg 19 machen, das mit Uckermärker Frühstück und hausgemachtem Kuchen lockt. Angelehnt an die alte Weinbau-Tradition werden hier natürlich auch Weine und Obstbrände verkauft. Im Sommer dürfte die Terrasse voll belegt sein.
Der Uferweg verläuft unterhalb schmucker Stadtvillen und verträumter Datschen mit Seeblick, die Gärten terrassenartig zum Wasser hin angelegt. Reflexartig träumen wir uns – wie alle landverliebten Hauptstädter ‒ eine idyllische Zukunft mit Haus am See herbei. Derweil geht es weiter auf dem schmalen Pfad, vorbei an leise raschelnden Reetfeldern und verlassenen Steganlagen. Die Sonne hat ihren höchsten Punkt erreicht und vertreibt den letzten Nebel über dem See. Der Raureif der vergangenen Nacht regnet aus den Bäumen.
Am Übergang zum flachen Bruchsee, der wie der Kopf eines Hammerhais quer zum Templiner See liegt, umrunden wir eine Wiese und wandern schließlich über die Gleuenbrücke Richtung Fährkrug auf einem asphaltierten Fahrradweg bis zur B109. Die unschöne Passage an der Bundesstraße lässt sich leider nicht umgehen, gleich hinter der Brücke geht es aber über einen Picknickplatz wieder zurück in den Wald auf den Uferweg.
Von Templin nach Europa
Etwa auf halber Strecke nach Templin liegt das Bootshaus des Kanusportvereins Templin. Am Hafenbecken zweigt ein schmaler Fußweg links ab die Böschung hoch zum Joachimsthalschen Gymnasium. Das 1607 als „Fürstenschule für begabte Knaben“ in Berlin gegründete Internat zog 1912 in den großzügigen Gebäudekomplex in Templin um. Zu DDR-Zeiten passte das Elitekonzept natürlich nicht in die sozialistische Bildungslandschaft, so wurde die Schule 1956 geschlossen und beherbergte unter anderem das Institut für Lehrerbildung. Nach 1996 verfiel das villenartige Schulgebäude und wurde zum Lost Place.
Seit 2016 gibt es Pläne, den Komplex zu sanieren und eine „Schule für Europa“ zu etablieren, die Bauarbeiten haben schon begonnen und ein Teil der Anlage ist mit einem Bauzaun abgesperrt. An der östlichen Seite des Gebäudekomplexes befindet sich der Lehmann-Garten, ein Botanischer Garten, der ursprünglich zu Lehrzwecken angelegt und in den letzten Jahren wiederbelebt wurde.
Weiter am Uferweg hinter dem Wasserwerk ist unser nächster Stopp an der Jungfernquelle Templin. Aus dem artesischen Brunnen sprudelt eisenhaltiges Grundwasser an die Oberfläche ‒ wenn man der mittelalterlichen Sage Glauben schenken will, die Tränen der blonden Jungfer Helene, die um ihren geliebten Ritter und Ehemann in spe Gernot trauert, der einer üblen Intrige zum Opfer fiel.
Jetzt sind es nur noch ein paarhundert Meter bis zu Hauptstraße. Zurück in Templin kann man entweder am Stadion der Freundschaft vorbei zurück zum Bahnhof spazieren oder (was viel schöner ist) die Wanderung in der historischen Altstadt von Templin mit Kaffee und Kuchen krönen – wie es sich gehört für einen perfekten Winterausflug!
Hin und weg: Superkomfortabel in anderthalb Stunden mit der RB 12 von Ostkreuz bis Templin. Die Rundtour startet am Bahnhof Templin Stadt.
Strecke: Dei Wanderung verläuft bis auf kurze Abschnitte auf naturbelassenem Uferweg (ca. 11 Kilometer). Die Tour lässt sich nach Lust und Laune erweitern durch eine Runde um den Gleuensee oder den Fährsee. Wer richtig Wanderlaune hat, geht den 6-Seen-Rundweg (ca. 22 Kilometer).
Tour auf Google Maps
Bonustipp: Kaffee, Tee und Kuchen in urigem Ambiente gibt es im Altstadtcafe Templin.